Ich frage mich immer wieder mal, warum sich Menschen Sättel kaufen, die offensichtlich nicht passen. Entweder, es ist ihnen tatsächlich nicht bewusst, worauf es wirklich ankommt oder es spricht die höhere Macht aus ihnen, die alles andere ausblendet: SHOPPEN! (Frauen sind ja geradewegs dafür bekannt, liebend gerne shoppen zu gehen. :D)

Ganz gleich, was der Grund ist, hier zeige ich dir 10 Wege, den garantiert falschen Sattel zu kaufen.

1. Dein Trainer nutzt diesen Sattel

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Instruktoren, Trainer und Tierärzte wissen nicht immer alles, was man über Sattelpassformen wissen sollte, auch wenn sie sonst viel Ahnung haben.

„Ich könnte genau so gut reiten, wo ist meine Kreditkarte?“

Nichts für ungut, aber einige Trainer geben ihren Schülern schreckliche Tipps und Empfehlungen zum Thema Sattel. Sie sagen es passt, wenn es nicht passt. Die Pferdebesitzer folgen gut gemeinten Ratschlägen, weil sie es wirklich glauben und den Trainer anerkennen, da er ja auch sonst gute Arbeit leistet.

Manche Trainer nutzen sogar den einen favourisierten Sattel auf allen Pferden ihrer Kunden. Er ist bequem, also passt er auch. Manchen Pferdebeseitzern fällt der Schaden, den das Pferd dadurch nimmt, gar nicht oder erst sehr viel später auf. Wenn jemand anderes es ihm sagt.

Um wirklich alles falsch zu machen, hier mein ultimativer Tipp: Nimm wahllos an einem Reitkurs oder Workshop teil und kaufe das dort vom Trainer angepriesene Eigenmodell.

2. Deine sachkundige Freundin besitzt diesen Sattel

In der Stallgemeinschaft tauscht man sich aus. Über Trainer, Tierärzte, Futtermittel und natürlich auch über Sättel. Viel (Un-)Wissen wechselt dort zwischen Freunden hin und her. Wenn es richtig ist, ist es gut. Doch wenn was Falsches wiedergegeben wird, ist es sehr schlecht.

Egal wie sehr du deine Freundin magst, es besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass ihr Pferd sich von deinem unterscheidet. Und deine Freundin sich anatomisch von dir unterscheidet. Und sie wird ebenso wahrscheinlich anders reiten. Das sind wichtige Faktoren, werden aber häufig übersehen.

3. Der ortsansässige Sattler stellt genau diesen Sattel her

Es gibt da diesen Sattler in der Sattelmacherstraße gleich im Nachbarort, der diesen Sattel herstellt. Er erzählt der lokalen Pferdewelt alles, was er weiß und was er alles kann. Er ist gut informiert, liebt seine Arbeit und ist so ein netter Mensch.

Aber kann es sein, dass er vielleicht mehr über Herstellung und Verzierung von Sätteln weiß, als über Anatomie und Biomechanik? Dass er vielleicht mehr von seinem Vater anstelle von wissenschaftlichen Erkenntnissen gelernt hat?

Erkennst du als Käufer den Unterschied? Eher nicht. Da so viele Leute einen teuren, maßgeschneiderten Sattel kaufen, der nicht passt, aber das Geld nicht zurückerstattet wird… (Das ist nicht der Fall bei deinem Sattel? Super, ich freue mich, dass du einen guten Fachmann gefunden hast.)

4. Der Sattel ist nach einem berühmten Reiter benannt

Dressur, Weltcupfinale 2007 - Edward Gal mit Gribaldi, Trakehner Hengst

In meinen Augen der absolute Klassiker!

Es gibt so viele Sättel, die nach einem der-beste-seiner-Klasse benannt ist. Es ist erstaunlich, dass ein Sattel nur nach demunddem Promi benannt wird und gleich unter jeden Reiterhintern, egal ob Mann oder Frau, zu jeder Passform und -Größe passt. Nicht zu vergessen, dass das Level des Reiter-Pferd-Paares dadurch auch steigt – tut es doch oder? Schön, wenn es so einfach wäre.

Manche dieser Sättel sind sicher sehr gut, aber nicht alle. Selbiges gilt für die Namensgeber.

5. Dein Freund hat ein Pferd der selben Rasse, dem dieser Sattel einfach perfekt passt

Pferde.jpgDies ist quasi eine Kombination aus Punkt 2 und 4.

Manche Menschen ziehen Parallelen zwischen dem eigenen Pferd und dem Pferd des Freundes, das der selben Rasse angehört. Der potentielle Sattelkäufer zieht den Schluss, dass, wenn der Freund den Sattel reitet, er ja gut sein muss. Das äußert sich umso stärker, je erfolgreicher der Freund mit diesem Sattel auf Wettbewerden startet.

Ja, sicher, Pferde der selben Rasse haben gewisse Ähnlichkeiten. Aber wie zwei Menschen unterschiedlicher nicht sein können, ist es auch bei Pferden.

6.Du hast ein tolles Foto von diesem Sattel in einem Magazin gesehen

Bildschirmfoto 2016-08-08 um 23.12.46Und dieses Foto war wirklich schön. Das Pferd war schön, der Sattel war schön und der Reiter atemberaubend schön. Ein Bild der Perfektion –  in einer Werbeanzeige. Das funktioniert immer, nicht wahr? Wenn wir diesen Sattel haben, sehen wir alle so schön aus, reiten so schön und haben so schöne Pferde. Ähhhmm – nein!

 ♡   #Wunschtraum #Wendywelt

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Merke: Diese Anzeige ist reine Fiktion und wurde von mir als Beispiel erstellt. Den Sattel gibt es allerdings wirklich; ein Vollmaßsattel für eine Islandpferdereiterin. Gepasst hat er leider nicht. ?

7. Ein Internetforum empfiehlt diesen Sattel regulär

Wir alle kennen diese Person: sie ist sehr lautstark und verteilt in ihrer Mittagspause – oder als Dr. Facebook getarnt – kosequent Ratschläge. Sie weiß alles, ist stets informiert und hat immer eine Lösung für das jeweilige Problem.

Für die weniger informierten Menschen um sie herum klingen ihre Worte wie unangreifbare Tatsachen. Sie kann alles begründen und Beispiele finden, wo es geklappt hat. Wenn sie sagt, dieser Sattel ist der beste für bestimmte Pferde, wird ihre Sicht wie die Meinung eines Experten wahrgenommen. Hey, vielleicht liegt sie sogar richtig! Aber niemals richtiger als jemand, der vor Ort beurteilen kann, was tatsächlich zu dem lebenden Pferd und seinem Reiter passt – so wie der wahre Experte, keine online community.

8. Als du klein warst, wollte diesen Sattel jeder haben

PferdemädchenDie Zeiten ändern sich, das Wissen wächst, das Design erfindet sich neu. Die Industrie entwickelt sich weiter (Ausnahmen bestätigen die Regel…) und was damals gut war, ist es heute vielleicht nicht mehr. Marken stehen und fallen mit der Treue der Konsumenten, aber nach langer Zeit ist deine Treue vielleicht möglicherweise mehr angemessen. Damalige große Marken sind jetzt nur noch okay, was in Ordnung ist, wenn der Preis die Veränderung spiegelt.

Hast du bemerkt, dass viele Kunden nur noch bei einer Firma bleiben, weil sie schon immer dort gekauft haben? Das geht weit über den Reitsport hinaus. Achte mal drauf!

9. Dein Pferd lief besser, als du diesen Sattel ausprobiert hattest

Du hast dir einen Sattel ausgeliehen und dein Pferd lief besser als mit deinem alten Sattel, der nur Probleme bereitet? Das heißt im Umkehrschluss also, dass der Sattel gut passt. Wirklich?

Falsch!

Es ist ein sicherer Indikator dafür, dass dein Pferd erleichtert ist, nicht die selben Druckspitzen zu spüren, während du reitest. Wie ein Rucksack auf deinem Rücken, der falsch gepackt ist, sodass sich beispielsweise der Flaschenhals in deinen Rücken bohrt. Nimmst du die Flasche weg, hast du für eine geraume Zeit ein gutes Gefühl. Wenn da nur nicht die Brotdose unten am Rücken stören würde.. Es passt einfach auf eine andere Weise nicht.

Wir sehen also zunächst ein zufriedenes Pferd. Solange die Phase anhält, erkennen wir die neuen Probleme nicht, die sich anbahnen. Es ist wie eine Verletzung durch wiederholte Belastung – es kann einen Moment dauern, bis die ersten Anzeichen für Probleme sichtbar werden. (Ausgenommen Wander- und Distanzritte, da können sich Schwierigkeiten innerhalb eines Tages zeigen, versteht sich.)

10.Du hast niemals einen besseren Preis bekommen als jetzt

Mega DealSeit es das Internet gibt, haben wir nahezu unbegrenzte Möglichkeiten, nicht nur, was das Shoppen anbelangt. Der Preisvergleich dehnt sich nun weltweit aus und nicht mehr gechillt regional von Stadt zu Stadt. Es ist so leicht, etwaige Schwierigkeiten und Fragen zu ignorieren. Erst recht, wenn dir die Zeit im Nacken sitzt, weil diese wirkliche einmalige Eebäh-Auktion bald endet. Da bleibt keine Zeit, noch eine Woche auf den Sattler zu warten, um ihn um Rat zu bitten…

Und dann ist da noch diese Sache mit dem noch-weniger-Geld-ausgeben-wollen. So um die 400€ müssen doch reichen, ist ja gebraucht. Am besten all inklusive: Sattel, Steigbügel, SchibbiSchabbi, Gurt sowie Anfahrt und Beratung des Sattlers. Immer wieder werde ich zu Terminen gerufen und bin echt erstaunt, was die Pferdebesitzer für Vorstellungen haben. Sparen als Extremsport – ein, wenn nicht DAS absolute YES, um die Sattelsuche ein für alle Mal zu vermasseln!!

 

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Ich weiß, es ist hart. Kaufen ist großartig. Man hat etwas Neues, das Gefühl eines Neubeginns von etwas Besserem. Das Gefühl, etwas zu besitzen. Kaufen soll Probleme lösen.

Vielleicht sollte das Pferd den Kauf übernehmen. Es würde nur danach schauen, welcher Sattel das Reitergewicht am bequemsten verteilt und die negativen Einflüsse möglichst minimiert.

Wir schulden es unseren Pferden, uns mehr zu informieren und gut abgewägte Entscheidungen zu treffen.

Klar ist es nicht immer einfach, einen guten Sattelmenschen zu finden, aber wahllos irgendeinen Trainer oder Freund einzubeziehen schmälert die Chancen, die Odyssee zu beenden. Im Gegenteil, es könnte ein kathastrophaler Fehler sein, der deinem Pferd Schmerzen und dauerhaften Schaden zufügt.

Schau dich bei YouTube um und sieh dir einige dieser wirklich megatollen Videos an, die von professionellen Sattelmenschen gepostet wurden. Und schau dich auch auf dem Büchermarkt um. Du kannst nur gewinnen. In dem Sinne, viel Erfolg!

Informiere dich – Wissen ist Macht!

Ps. Was hast du schon für Entscheidungen getroffen, die sich später als unschön erwiesen haben? Wie kamst du danach zu deinem – hoffentlich endlich – passendem Sattel? Schreib es in die Kommentare, ich freue mich, von dir zu lesen.

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