Vor ein paar Tagen beobachtete ich folgende Szene:

Zwei Pferde stehen sich am Anbindebalken gegenüber und werden für den Ausritt fertig gemacht. Während das linke Pferd noch geputzt wird, wird das rechte Pferd schon gesattelt. Es ist ein schicker Sattel, farblich auf die Fellfarbe abgestimmt. Das Pferd trägt ihn erst seit wenigen Wochen. Als er auf den Pferderücken gelegt wird, schlägt das Pferd mit dem Schweif.
Dann wird der Gurt angezogen, woraufhin das Pferd wütend nach seinem Gegenüber beißt. Es ist so kurz angebunden, dass es nicht nach Sattel oder Besitzer schnappen kann. Natürlich straft der Besitzer sein Pferd dafür. Die Blicke von Reiter und Pferd sprechen Bände.

AUS DER SICHT DES PFERDES dürfte die Szenerie so ausgesehen haben:

Mein Freund und ich stehen am Anbinder. Wir werden wohl ausreiten. Oh, der Sattel kommt. Ich mag ihn nicht. Ich schlage mit dem Schweif, sprechen kann ich ja nicht. Mein Reiter zeigt kein Interesse. Aber der Sattel kneift mich bei jedem Schritt in die Schulter. Das weiß ich noch vom letzten Ritt. Au! Der angezogene Gurt drückt den Sattel an meine Wirbelsäule. Das ist wirklich unangenehm. Im Affekt beiße ich meinen Freund. Ich würde in den Sattel beißen, bin aber zu kurz angebunden. Ich muss mich doch irgendwie mitteilen. Hilfe!

DER REITER DENKT derweil:

Heute gehen wir schön ausreiten. Mit dem anderen Pferdebesitzer macht das immer viel Spaß. Mein neuer Sattel ist auch sehr bequem. Nein! Muss mein Pferd immer die anderen ärgern? „Hey“ sage ich und strafe mein Pferd für sein Benehmen. Warum macht der das bloß immer? Der braucht dringend Dominanztraining.

Was ist Pferdeverstand?

Nun, ist das Pferd unerzogen?

NEIN!

Im Gegenteil. Das Pferd hat mit dem Schlagen des Schweifes angedeutet, dass ihm etwas unangenehm ist. Es war nicht unhöflich. Es war ein dezentes „ich möchte das nicht„.
Der Reiter hat aber weitergemacht und seinen vierbeinigen Freund nicht ernst genommen. Denn Schweifschlagen kann ja viele Gründe haben…
Als das Pferd deutlicher wurde, bekam es Strafe. Für das Tier gibt es keinen Ausweg. Dabei will es seinem Menschen nichts böses. Ein Pferd will grundsätzlich nichts böses, sondern ist an einer Zusammenarbeit interessiert. Gerade als Herdentier steht ihm der Sinn nach Gemeinschaft.

Hier ist der Mensch gefragt. Er muss sich Wissen aneignen. Er muss aufmerksam sein. Er muss beobachten und sein Tier kennenlernen. Es ernst nehmen. Das ist Pferdeverstand.

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